Dieses Ensemble bearbeitet Standards und Originals ab der Mitte des letzten Jahrhunderts, der Blütezeit des modernen Jazz, in der außergewöhnlich kreative Persönlichkeiten wie Thelonious Monk, Charlie Parker, Sonny Rollins, John Coltrane, Miles Davis und zahlreiche Zeitgenossen in New York die Kunst der Improvisation stark vorantrieben und ein umfangreiches und faszinierendes Erbe für die Nachwelt schufen, das nach wie vor die Akteure der zeitgenössischen Musik- und Kunstszene beeinflusst und prägt. So auch die Musiker von FF&F, die es sich zum Lebensinhalt gemacht haben diese Musik intensiv zu studieren, aufzuführen und zu vermitteln.
Was den besonderen Charakter der Band ausmacht sind einerseits der Klang der seltenen Instrumentierung mit 2 Bläsern und ohne Harmonieinstrument, sowie die speziellen Arrangements, die in der Regel nicht von einem Musiker vorgegeben werden, sondern in einem gemeinsamen kreativen Prozess während der Proben entstehen und nach und nach reifen.
Betrachtet sich der geneigte Hörer die Playlist dieser CD, mag ein schwerwiegender Verdacht aufkommen: Haben sich hier ein paar deutsche Musiker der mittleren Generation auf Kosten einiger der bekanntesten und ja, komplexesten Kompositionen der Jazzgeschichte profilieren wollen? Solche Stücke spielt man höchstens mal auf einer Jam Session, aber auch nur dann, wenn sichergestellt ist, dass um Gottes Willen niemand mit dem Handy aufnimmt. Selbst dann schwebt die Frage im Raum, warum man sich nicht weniger belastete Stücke ausgesucht hätte.
Aber nein, was die großartigen Musiker um die beiden exzellenten Frontmänner Gary Fuhrmann und Felix Fromm hier an kreativer Umsetzung an den Tag legen, ist schon sehr beeindruckend. Die CD könnte locker als hochstehende Vorbereitung auf einen „odd meter“ Workshop herhalten. Es wurden je 6 Titel im Dezember 2018 (mit dem Doyen der deutschen Jazzbassisten Thomas Stabenow) und im Dezember 2020 (mit Jan Dittmann, Ex-Student von Th. Stabenow) in der „Kleinen Audiowelt“ in Sandhausen von Markus Born erfreulich natürlich aufgenommen. Komplettiert wird die Formation durch den bestimmten und stetig vorwärtstreibenden Drummer Holger Nesweda.
Die Kompositionen wurden zu Vehikeln einer durchaus sehr offenen Improvisation – sicherlich auch verstärkt durch die Besetzung ohne Harmonieinstrument. Man sollte jedoch nicht glauben, dass dies die Sache vereinfacht, schliesslich fehlt auch die harmonische Inspiration; diese muss nun in abstrakter Weise in der eigenen Phantasie entstehen – und zwar augenblicklich. Dieser Herausforderung haben sich die beiden Solisten Gary Fuhrmann und Felix Fromm gestellt und haben sie mit großer Bravour gemeistert.
Mit kontrapunktischen Einwürfen wird man mit Charlie Parker’s „Donna Lee“ in eine kleine Erlebnisreise mitgenommen, die viel Unerwartetes bringen wird. Ob nun Joe Henderson’s „Inner Urge“ im 7/4, Wayne Shorter’s „Footprints“ in 5, Jobim’s „Desafinado“ in 9 und last but not least auch noch John Coltrane’s „26-2“ – eines seiner harmonisch ausgefuchstesten Werke – ebenfalls in 9. Überall finden sich neue Intros, Interludes, ja sogar ein Shout Chorus. Wer nach Genuss dieser bemerkenswerten Produktion noch halbwegs gerade gehen kann, hat’s gut verarbeitet. Die CD „Cheese Cake“ ist für mich nicht nur solistisch ein Highlight der letzten Jahre, sondern vor allem konzeptionell. Jazz ist nicht nur nicht „dead“, er lebt und mit solch tollen und inspirierten Musikern wird er es auch ewig tun.
Roman Schwaller, im Januar 2022
Felix Fromm – tb
Jan Dittmann – b
Holger Nesweda – dr
Gary Fuhrmann – ts